Chronik anlässlich 100 Jahre Vereinsgeschichte

Die ersten 30 Jahre (1897 - 1927)

Die Gründung einer zweiten Musikgesellschaft in Matzendorf dürfte auf politische Wirren kurz vor der Jahrhundertwende zurückzuführen sein. Leider fehlen in den Protokolleintragungen Beweggründe und nähere Angaben zur Gründungsgeschichte. Am 10. Januar 1897 gründen folgende elf Personen die Musikgesellschaft Harmonie Matzendorf: Albin Winistörfer, Meinrad Eggenschwiler, Josef Eggenschwiler, Jakob Marbet, Theodor Schärmeli, Salesius Studer, August Krummacher, August Meister (als Bürge Josef Eggenschwiler), Oskar Grolimund (als Bürge Albin Winistörfer), Kasimir Marbet, Gustaf Kohler und Johann Respinger. Die wöchentlichen, am Sonntag stattfindenden Lehr- und Übungsstunden sind in den Statuten festgelegt. Den ersten Protokolleintragungen ist zu entnehmen, dass die nötigen Instrumente von der Gesellschaft gemeinsam angeschafft werden und die Anteile der Mitglieder in monatlichen Raten zurückbezahlt werden müssen. Der junge Verein hat sich unter der Leitung von Johann Respinger musikalisch gut entwickelt, denn bereits am 19. Mai des Gründungsjahres findet anlässlich der Fahnenweihe der Bergschützen der erste musikalische Auftritt statt. Am 29. Januar 1899 wird zum ersten "Conzert" und Abendunterhaltung bei Herrn Bichsel, Wirt zum Rössli, abends 8 Uhr, eingeladen. In der Folge werden, mit zeitweiligen Unterbrüchen (Erster Weltkrieg und Grippeepidemie), die Konzert- und Theateraufführungen während der Fasnachtszeit zur Tradition. Der Beitritt zum Bezirksmusikverband Thal-Gäu erfolgt im Jahre 1910. Bereits zwei Jahre später wird der Harmonie Matzendorf die Durchführung des Bezirksmusiktages anvertraut. Aus welchen Gründen auf Ende 1916 der Austritt aus dem Bezirksverband beschlossen wird, ist nicht ersichtlich. Der Wiedereintritt ist vom 7. Juni 1919 datiert. Die musikalischen Herausforderungen sind in den ersten Jahren des Vereinslebens eher bescheiden. Bis im Jahre 1927 werden insgesamt sieben Musiktage und –feste besucht. Die materielle Not ist anfänglich ein ständiger Begleiter des jungen Vereins. Doch die nicht mehr wegzudenkenden Auftritte bei verschiedenen Dorfanlässen, Oster- und Pfingstkonzerte, zum Teil morgens um fünf Uhr, die Teilnahme an kirchlichen Anlässen wie Weisser Sonntag und Fronleichnamsprozession, geben den Musikanten immer wieder Mut und Zuversicht. Zur Linderung der finanziellen Not beschliesst der Verein, in den Nachbargemeinden Aedermannsdorf und Laupersdorf einen Einzug durchzuführen. Den angespannten finanziellen Verhältnissen zum Trotz schafft die Harmonie im Jahre 1912 die erste Vereinsfahne an. Als Fahnenpaten können Frau Hedwig Kaufmann, zur Post, und Herr Georg Eggenschwiler, Sonnenwirt, gewonnen werden. Am 21. April wird mit festlichen Klängen der Musikgesellschaft Frohsinn Laupersdorf als Patensektion und der Konkordia Balsthal als Ehrensektion bei sonnigem Frühlingswetter das neue Vereinsbanner in der Pfarrkirche geweiht. Die weltliche Feier findet anschliessend im schattigen Garten des Restaurants Sonne statt. Als erster Fähnrich amtet Arnold Wyss. Die Kriegsjahre 1914 – 1918 sowie die anschliessenden Kämpfe um soziale Gerechtigkeit haben ein geordnetes Vereinsleben verunmöglicht. Am 19. Januar 1919 schreibt der Chronist: "Infolge Grippe und Revolution wurden die Vereinsproben lahmgelegt." Nach 22-jähriger Dirigententätigkeit bei der Harmonie übergibt Johann Respinger 1919 den Dirigentenstab an Alfons Allemann. Zur Stärkung der Vereinskasse organisiert die Harmonie am 11. Mai 1924 das erste Mattenfest. An der Generalversammlung vom 16. Februar 1928 würdigen die Vereinsmitglieder in aller Bescheidenheit, mit einem Rückblick auf das bisher Erreichte, das 30-jährige Bestehen der Musikgesellschaft Harmonie im Restaurant des Fahnenpaten.

Die nächsten 40 Jahre (1927 - 1967)

Nachdem sich der Verein in den Jahren zuvor finanziell einigermassen erholt hat, steht der langersehnte Wunsch zur Anschaffung einer Uniform erneut zur Diskussion. Am 7. April 1928 beschliessen die Vereinsmitglieder nach heftiger Diskussion mit 22 Stimmen, eine blaue Einheitsbekleidung zu bestellen. Drei Mitglieder entscheiden sich für die Farbe Grün. Jeder Musikant hat die Kosten für die Hosen im Betrage von Fr. 30.- zu übernehmen. Die "Bettelaktion" bei der Dorfbevölkerung und den Gewerbebetrieben trägt zum guten Gelingen des wagemutigen Vorhabens bei. Am 26. Mai 1929 findet zur grossen Freude aller Beteiligten im Restaurant Sonne die erste feierliche Uniformenweihe der Harmonie statt. Ebenfalls im Jahre 1929 erfolgt der Beitritt zum Solothurner Kantonal-Musikverband. Ein besonderes Ereignis bildet im Jahre 1932 die Durchführung des Bezirksmusiktages. Der klangvolle Einzug der teilnehmenden Musikvereine vermag eine grosse Schar gutgelaunter Besucher auf den Festplatz beim Pfarrhaus zu locken. Trotz frühzeitigem Abbruch der Festlichkeiten, verursacht durch einsetzenden Regen, ist der kulturelle und finanzielle Erfolg überwältigend. Vom Besuch des ersten Kantonalmusikfestes am 8. Juli 1934 in Dornach kehrt die Harmonie enttäuscht ins Juradorf zurück. Mit Lob und Ruhm wird von den Juroren im Expertenbericht zwar nicht gegeizt, hingegen in der Vergabe von Punkten. Die Ausbildung von jungen Musikanten ist stets ein grosses Anliegen des strebsamen Vereins. Auffallend ist, dass sich immer wieder Jünglinge aus Musikantenfamilien am Ideal "Musik" begeistern und somit willkommene Familientraditionen aufbauen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 mit der allgemeinen Mobilmachung verunmöglicht ein geordnetes Vereinsleben auf längere Zeit. Um das musikalische Wirken in der Gemeinde einigermassen aufrechterhalten zu können, bilden die beiden Musikgesellschaften für die Jahre 1940 und 1941 eine sogenannte "Kriegsmusik". Auch die Jahre 1943 und 1944 sind durch das Kriegsgeschehen geprägt. Die Pfarrinstallation von Richard Kellerhals, die übrigen kirchlichen Anlässe, die Primizfeier von Paul Eggenschwiler sowie die Mitwirkung bei den Bundesfeiern und ein Maibummel durchs Oberholz bilden die bescheidenen Aktivitäten. Als Folge der erwähnten Unregelmässigkeiten können die Abgänge von Vereinsmitgliedern nicht ersetzt werden, so dass der Bestand Ende 1944 auf 18 Musikanten zusammenschrumpft. Erfreulicherweise zählt im Friedensjahr 1945 die musikalische Ausbildung von 10 willigen Kandidaten, nebst den üblichen Verpflichtungen, zu den Schwerpunkten der Nachkriegsaktivitäten. Nach 28-jähriger, erfolgreicher Führung des Vereinsschiffes demissioniert 1946 Otto Fluri als Präsident. Dem Nachfolger Josef Kissling bleibt es vorbehalten, den verdienstvollen Musikkameraden zum Ehrenpräsidenten zu ernennen. Am 31. August des gleichen Jahres erfolgt die Aufnahme von Elisabeth Eggenschwiler, Wirtin zur Sonne, als erstes weibliches Ehrenmitglied. Den Auftakt zum 50-Jahr-Jubiläum bildet die auf den 23. März 1947 einberufene Generalversammlung. Ein grosser Freudentag für die Harmonie Matzendorf ist der 27. Juli 1947. Nach einem imposanten Festzug durch das fahnengeschmückte Dorf darf Organisationspräsident Otto Fluri nebst vierhundert teilnehmenden Musikanten eine gutgelaunte Festgemeinde begrüssen. Der Aufenthalt in Gottes freier Natur (schattige Rösslihofstatt) bildet eine ideale Voraussetzung, das Festkonzert der zahlreichen Gastvereine zu geniessen. Mit Ausnahme des am späten Nachmittag einsetzenden heftigen Gewitterregens verläuft die Organisation des Bezirksmusiktages vom 15. Juni 1952 programmgemäss. Der Ausklang, als Ersatz des verregneten Anlasses, findet bei sonnigem Wetter am folgenden Sonntag statt.

Die Belohnung für die unermüdliche Arbeit unseres begabten Dirigenten Linus Rotschi erhält die Harmonie 1957, als sie am Eidgenössischen Musikfest in Zürich in der 3. Stärkeklasse durch die Experten mit dem Prädikat "Vorzüglich" ausgezeichnet wird. Auch in der Marschmusikkonkurrenz wird die höchste Auszeichnung erreicht. Das erste, gut gelungene Radiokonzert trägt den Namen der Harmonie Matzendorf am 25. Juli 1959 in die weite Welt. Im Jahre 1962 muss der Verein die Demission des sehr geschätzten musikalischen Leiters Linus Rotschi wegen Ortswechsels entgegennehmen. Sein letzter Auftritt mit der Harmonie am Bezirksmusiktag beschliesst die 24-jährige erfolgreiche Dirigententätigkeit in Matzendorf. Mit einem Dankesständchen und der Ernennung zum Ehrendirigenten würdigen die Musikkameraden die verdienstvollen Leistungen des scheidenden Dirigenten. Eine unvergessliche Auslandreise erlebt die Harmonie 1966, als sie von der "Voyage et Echanges Culturels", Saint-Imier, angefragt wird, am Karneval in Nizza mitzuwirken. Die Mitwirkung mit klingender Marschmusik an den grossen, einfallsreichen Karnevalsumzügen hinterlässt bei allen Beteiligten einen unvergesslichen Eindruck. Ein weiterer Höhepunkt der herrlichen Côte-d’Azur-Reise bildet der Ausflug nach Monte Carlo. Im selben Jahr kann mit dem Ankauf von zwei Es-Bässen, einem B-Bass, zwei Baritonen und einem kompletten Schlagzeug die im Vorjahr begonnene Neuinstrumentierung abgeschlossen werden. Trotz verschiedener "Bettelaktionen" und durchgeführter Feste zugunsten der erwähnten Neuinstrumentierung resultiert ein Fehlbetrag von Fr. 13'000.-. Für die notwendige Darlehensaufnahme bei der Raiffeisenkasse Matzendorf verpflichten sich die Vorstandsmitglieder und unterzeichnen den Bürgschaftsvertrag solidarisch.

Die grosse Veränderung (1967 - 1997)

Mit der Wahl des Musikers Bruno Pfluger zum neuen Dirigenten im Jahre 1967 ist eine strukturelle Veränderung des Vereins voraussehbar. Einer Weiterentwicklung der Harmonie auf der bisherigen Basis sind Grenzen gesetzt. Einerseits fehlen für eine vernünftige Harmoniebesetzung das erforderliche Bläserpotenzial und andererseits die notwendigen Ausbildungsmöglichkeiten für Holzbläser. Nachdem die Festlichkeiten des tausendjährigen Bestehens der Gemeinde Matzendorf – bei denen auch die Musikgesellschaft Harmonie stark eingebunden ist – verklungen sind, fassen die Verantwortlichen die Bereinigung der Vereinsstrukturen ins Auge. Aufgrund der aufgezeigten Möglichkeiten von Direktor Pfluger entscheiden sich die Vereinsmitglieder im Jahre 1969, das Musizieren in Brass Band-Besetzung fortzusetzen. Mit der Einführung der Musikschule durch die Einwohnergemeinde Matzendorf werden ideale Verhältnisse für die musikalische Erziehung der Jugend geschaffen. Als erster Musiklehrer für Instrumentalunterricht an der Musikschule Matzendorf bildet Bruno Pfluger unzählige Blechbläser aus und sichert dadurch den beiden Musikvereinen den erhofften Nachwuchs. Während den 15 Jahren Dirigententätigkeit in Matzendorf leistet Bruno Pfluger unermüdliche Aufbauarbeit. Als erwähnenswerte Impulse gelten die ab 1969 alljährlich mit grossem Erfolg durchgeführten Kirchenkonzerte. Die Aufnahme der Musikantinnen Brigitte Eggenschwiler und Edith Winistörfer in den Kreis der Harmonie besiegelt im Jahre 1977 das Ende der 80-jährigen Männerdomäne. Mit einem anspruchsvollen Konzert in der Pfarrkirche und der anschliessenden Jubiläumsfeier im engeren Kreise im Sternensaal wird das 75-jährige Bestehen der Harmonie Matzendorf am 6. Mai 1972 eingeleitet. Die dreitägigen Festlichkeiten vom 30. Juni bis 2. Juli, mitgestaltet von 10 befreundeten Musikvereinen, der Original-Tiroler Kapelle "Enzian" und der Tiroler Volkstanzgruppe aus Breitenbach am Inn, bilden den krönenden Abschluss des Jubiläumsanlasses. Am 25./26. Mai 1974 amtet die Harmonie erneut als Organisator des Bezirksmusiktages. Mit der Integrierung und Aufnahme jugendlicher Musikanten erweist sich die Einkleidung mit den noch vorrätigen Uniformen aus dem Jahre 1955 als problematisch. Das Sprichwort "Die Jungen werden grösser und die Alten dicker" hat sich im Falle der Harmonie Matzendorf bewahrheitet. So ist die Anschaffung einer neuen Uniform dringend notwendig. Mit dem zweitätigen Volksfest vom 30./31. August 1975, verbunden mit der Einweihung der dritten Uniform, wird ein neuer Meilenstein in der Vereinsgeschichte gesetzt. Als Organisationspräsident dieses erfolgreichen Anlasses amtet Erhard Meister. Die dritte Fahnenweihe am ersten Septemberwochenende 1980 verläuft für die Mitglieder der Harmonie ebenfalls erfolgreich. Zahlreiche Gastvereine wirken mit. Das neue Vereinsbanner entrollen Rosa Wyss und Paul Bieli als Fahnenpaten. Die Ehre der Patensektion fällt der Musikgesellschaft Konkordia Aedermannsdorf zu. Eine weitere Radioaufnahme im Rösslisaal Balsthal und das Galakonzert zum 75-Jahr-Jubiläum der Raiffeisenkasse Matzendorf sind Höhepunkte im Jahre 1982. Als einmalig für die Brass Band Harmonie Matzendorf kann die Live-Übertragung aus dem Radio-Studio an der Mustermesse Basel im Jahre 1986 bezeichnet werden. Das Problem "Uniformen" steht zum Jahresabschluss 1990 einmal mehr zur Diskussion. Einstimmig entschliessen sich die Vereinsmitglieder im Januar 1991 für die Anschaffung einer neuen Uniform, bestehend aus rotem Spenzer, schwarzer Hose, zwei weissen Hosen und einer passenden "Fliege" zum Einheitspreis von Fr. 840.-. An die Kosten leistet jedes Mitglied den Mindestbeitrag von Fr. 150.-. Dankend zu erwähnen sind auch die Beiträge von Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinde Matzendorf. Eine besondere Würdigung verdienen die Ehrenmitglieder, Gönner und Aktiven, die den Betrag für eine komplette Uniform gestiftet haben. Der erste Auftritt mit der neuen Einheitsbekleidung erfolgt bereits am Frühlingskonzert vom 4. Mai 1991. Ein lang gehegter Wunsch nach einer Konzertaufnahme im Radio-Studio Zürich erfüllen sich die Musikanten der Brass Band Matzendorf am 15. Mai 1991. Für die Durchführung des Bezirksmusiktages vom 10./11. Juni 1995 zeigt Organisationspräsident Anton Schaad neue Möglichkeiten auf. Die Schaffung eines Sponsorings eröffnet der Brass Band Matzendorf wegweisende Perspektiven. Der Blasmusik-Schüler-Treff vom Samstag bilden den Auftakt zum Verbandsanlass. Die Festlichkeiten am Samstagabend und die verschiedenen musikalischen Darbietungen durch die Verbandsvereine am Sonntag sind trotz regnerischen Wetters von grossartigem Erfolg gekrönt. Dasselbe bewährte Organisationskomitee des Bezirksmusiktages 1995 ist auch für die Durchführung des 100-Jahr-Jubiläums verantwortlich, welches am 30./31. August 1997 stattfindet. Integriert in diesen Anlass haben wir am Samstag die Kantonale Veteranentagung durchgeführt. Der Sonntag ist dann reserviert für den eigentlichen Festakt, welcher von 13 Musikvereinen aus unserem Verband umrahmt wird. Dieses Jubiläum wird uns allen im bester Erinnerung bleiben und ist auch finanziell von grossem Erfolg gekrönt.